Form
und Verbreitung der Dünen im Gebiet zwischen Luckenwalde und Golssen
(Niederlausitz)
Von Wierd Mathijs de Boer
Erschienen in: Biologische
Studien. - Luckau 21 (1992), S. 5 - 9.
1. Einleitung
Seitdem die Topographische Karte
(AV=Ausgabe Volkswirtschaft) im Maßstab 1:10.000 käuflich erworben werden kann
und so jedem zur Verfügung steht ist auch die Möglichkeit zur
wissenschaftlichen Auswertung gegeben. Im Rahmen meiner Aspirantur an der
Humboldt-Universität zu Berlin, Fachbereich 21 - Geographie, werden die
Binnendünen im Baruther Urstromtal eingehend untersucht. Die Ergebnisse der
Literaturforschungen wurden in den Biologischen Studien 19 (1990) publiziert.
Die Ergebnisse der Kartenforschungen sollen hier dargestellt werden. Eine
Mitteilung über das Alter der Dünen ist in Vorbereitung.
2. Form der Dünen
Die Dünen sind in fünf Formengruppen zu
unterteilen: Längs-, Quer-, Bogen- und Kupstendünen (abgebildet in Fig. 1) und
unregelmäßig geformte Dünen (nicht abgebildet). Die Gruppe der Bogendünen
umfaßt neben den in Fig.1 abgebildeten Parabeldünen auch die sogenannten
Barchane. Diese Barchane sind Wüstenformen die an der Luv-Seite ihre frontale
Seite haben und die Arme an der Leeseite liegen. SOLGER (1961) meint, daß sie
in Norddeutschland durch Ostwinde in einer Polwüste entstanden sind, kurz nach
dem Weichselhochglazial. Im Untersuchungsgebiet (UG) sind sie schwer zu
erkennen und äußerst selten und deshalb nicht in der Legende aufgeführt. Mit
Bogendünen sind also praktisch immer Parabeldünen gemeint.
Die unregelmäßig geformten Dünen sind nicht
in eine der vier in Fig.1 abgebildeten
Gruppen einzuteilen, oder sie stellen Mischformen (Teildünen nicht mehr
erkennbar) oder Kombinationen (Teildünen noch erkennbar) von diesen vier Formen
dar.
Fig. 1: Im Gebiet zwischen
Luckenwalde und Golßen am häufigsten vorkommende Dünenformen: Längs-, Quer-,
Bogen- oder Parabel- und Kupstendünen. Jeweils als Blockbild-Ansicht,
Aufriß-Darstellung und Querschnitt. Die Pfeile markieren die vorherrschenden
Winde. Abbildungen aus KAISER, MŰHMEL-HORN und WALTHER (1989). Vom
Verfasser hinzugefügt: unregelmäßig geformte Dünen (nicht abgebildet). Diese
Dünen sind nicht in einer der vier oben genannten Gruppen einzuteilen oder
stellen Mischformen oder Kombinationen dar.
3. Erläuterung zur Karte (siehe
Beilage)
An Hand der Topographischen Karte (AV)
1:10.000 wurden alle Dünengebiete im UG in eine Karte im Maßstab 1:50.000
eingetragen. Diese Karte wird in einer Anlage (siehe unten) in generalisierter
und verkleinerter Form dargestellt. Nur von einem Teil des Niederen Flämings
wurden einige Kartenblätter im Maßstab 1:10.000 noch nicht freigegeben
(Übungsgelände der Sowjetarmee). In diesen Fällen wurden Meßtischblätter(MTB)
1:25.000 und die Topographische Karte 1:25.000 (AS="Ausgabe Staat")
ausgewertet.
Es zeigte sich, daß im MTB 3946 (Paplitz)
kleine Dünen mit einer kleinen sternförmigen Schraffur dargestellt werden, aber
daß dieses Symbol nicht in der Legende aufgenommen wurde. Auffällig ist auch,
daß die Dünengebiete mit diesen kleinen Dünen nicht in der Geologischen
Übersichtskarte 1:200.000 (KEILHACK, 1921) eingetragen worden sind.
In der morphographischen Karte wird jedes
Dünengebiet durch verschiedene Buchstaben charakterisiert. Große Buchstaben
weisen auf das Vorkommen von Einzeldünen hin die länger als 300 m und breiter
als 100 m sind. Kleine Buchstaben weisen auf das Vorkommen kleinerer
Einzeldünen hin. Diese Buchstabenkombination enthält links die in einem
bestimmten Dünengebiet meist dominante Form, und rechts die am wenigsten
vorkommende Form. Beispielsweise bedeutet die Kombination Blk: große Bogendünen
herrschen in diesem Gebiet vor, Längsdünen sowie Kupstendünen kommen auch vor,
die letzteren sind aber weniger zahlreich.
Bemerkung: die Querdünen sind nicht immer
so klar ausgebildet wie in Fig. 1 dargestellt wird. Außerdem kommen
Übergangsformen zwischen Längs- und Querdünen vor, beispielsweise durch
wechselnde Windrichtungen in einer oder mehreren Bildungsphase(n). Deshalb
verbergen sich in der mit "L" oder "l" kartierten Gruppe
auch manche Querdünen.
4. Karteninterpretation
Auffällig ist die fast völlige Abwesenheit
der Dünen auf den zu den verschiedenen Staffeln des Brandenburger Stadiums
gehörigen Sanderwurzeln, wie z.B. zwischen Gottow und Fernneuendorf und
zwischen Mückendorf und der Autobahn Berlin-Dresden (Baruther Sander). Am
Sanderende, d.h. am Übergang Sander-Urstromtal, treten Dünen wieder gehäuft
auf. Eine mögliche Erklärung ist das Körnungsbild der Ablagerungen: an der Sanderwurzel
ist es viel grobkörniger als am Sanderende, wo Mittel- und Feinsande
überwiegen.
Die mit "B" kartierten
Dünengebiete bestehen meistens aus mehreren großen ineinander geschachtelten
Parabeldünen, meist in wind-offenen Teilen des Urstromtals. Die großen, nach
Westen offenen Bögen (10 bis 25 m hoch) und die Böschungsverhältnisse sprechen
für eine Entstehung durch Westwinde und setzen zur Zeit der Ablagerung eine
vegetationslose oder -arme Umwelt voraus. Die Voraussetzungen für
Parabeldünenbildung sind am Ende des letzten Glazials gegeben.
Nördlich, nordöstlich und östlich der
Bogendünengebiete treten oft Dünengebiete mit anderen Formen auf,
beispielsweise nördlich von Horstwalde. Es handelt sich hierbei wahrscheinlich
um Reaktivierung der spätglazialen Flugsande durch natürliche oder durch
menschliche Ursachen.
Etwa in der Mitte des Urstromtales fallen
verschiedene längliche, oft West-Ost orientierte Dünengebiete auf. Diese Art
von "Dünenkomplex" ist gebunden an eine Ablagerung am Rande eines
Sees, eines (Ur-)stromes oder einer nassen Niederung (vermoort oder auch
nicht). Sie ist aufgebaut aus Quer-, Längs- und kleinen Parabeldünen. Im
Baruther Urstromtal bilden beispielsweise die "Lange Horst Berge"
einen solchen streifenförmigen Dünenkomplex. Die Urstromtalsande wurden durch
vorwiegend sommerliche Südwestwinde über eine schon ausgetrocknete Oberfläche
im Fläming und im Südteil des Urstromtales transportiert und durch noch feuchte
Oberflächen in den tiefer gelegenen Teilen des Urstromtales eingefangen.
Auch später, als schon Torf
im Urstromtal gewachsen war, ist noch Flugsand eingefangen worden, wie zwei
Bodenprofile nordöstlich Schöbendorf und zwischen Paplitz und Baruth belegen.
Offene Ackerflächen ohne Vegetation stellen
Angriffsflächen für Windtransport da. Sie bieten auch ausreichend zu
transportierendes Material (überwiegend Fein- bis Mittelsande). An der Leeseite
der Äcker konnte der Sand von Bäumen, Sträuchern oder Steinhaufen eingefangen
werden. Deshalb bilden Ackerdünen (Begriff von LINKE, 1967) oder besser:
Ackerranddünen oft längliche Komplexe. Diese Komplexe sind meist aus Längs-,
Quer- und Kupstendünen und sehr kleinen Parabeldünen aufgebaut. Sie wurden im
Holozän, oft im Zusammenhang mit der Ostkolonisation gebildet. Vermutlich sind
die Triftberge bei Lynow solche Ackerranddünen.
Im "Windschatten" der bis zu 130
m über dem Urstromtalniveau gelegenen Grundmoränenplatte des Niederen Fläming,
welche bei Baruth am weitesten nach Norden ragt, bildeten sich unregelmäßige Dünenformen,
Kupsten-, Längs- und Querdünen. Die turbulenten Winde sind nicht in der Lage
gewesen, regelmäßige Dünenformen, wie große Parabeldünen, herauszubilden. Die
"Leeseitendünen" bleiben relativ niedrig: beispielsweise die Dünen
südwestlich von Klasdorf. Aber auch unmittelbar nordöstlich des Kammes dieser
Grundmoränenplatte (etwa zwischen dem Golmberg (Höhenpunkt 178 m), Merzdorf und
Groß Ziescht) bemerkt man an den großen Dünengebieten schon die
Leeseitenwirkung dieses Kammes. Viele Periglazialtäler ("Trockentäler")
im Fläming sind von Dünen zugeweht worden, beispielsweise zwischen Kemlitz und
Baruth.
Zusammfassend kann man feststellen, daß das
Gebiet zwischen Luckenwalde und Golßen nicht nur reich ist an vielen
Dünengebieten, sondern daß auch alle Dünenformen vertreten sind. Die besondere
landschaftsprägende Rolle der Dünen im Untersuchungsgebiet läßt sich ohne große
Mühe der Karte entnehmen.
Literatur:
DE BOER,W.M.(1990):Dünen im
Baruther Urstromtal (Raum Luckenwalde-Baruth-Lübben)-Stand der Forschungsliteratur.
Biologische Studien,Luckau,19:S.3-10.
CEPEK,A.G.et
al.(1973):Lithofazieskarten Quartär 1:50.000, Ausgabe 3, Berlin, Zentr. Geol. Institut.
KAISER,K. &
MÜHMEL-HORN,H.-P. & WALTHER,M.(1989): Spätglaziale und holozäne Dünen im
Rendsburger Staatsforst beiderseits des mittleren Sorgetales zwischen
Tetenhusen/Föhrden und Krummenort (Schleswig-Holstein). Meyniana,Kiel,41:S.109.
KEILHACK,K.:Geologische
Übersichtskarte im Maßstab 1:200.000, Blätter 89(Potsdam) und
90(Berlin-Süd),Preuß. Geologischen Landesanstalt,Berlin,1921.
LINKE,M.(1968):Ein weiterer
Beitrag zur Frage der Altersstellung der Binnendünen. Hercynia,5:S.427
(420-436).
MARCINEK,J.(1961):Über die
Entwicklung des Baruther Urstromtales zwischen Neiße und Fiener Bruch. Wiss. Zeitschr.
der Humboldt-Univ.,Berlin,Math.-nat.R.10,S.13-46.
NEUE TOPOGRAPHISCHE KARTE 1:
10.000
TOPOGRAPHISCHE
MESSTISCHBLÄTTER: Luckenwalde (3945), Paplitz (3946), Baruth (3947) und Golßen
(4047)
GEOLOGISCHES MESSTISCHBLATT:
Luckenwalde (3945)
Karte im Anhang des Beitrages
(in verkleinerter Form hier unten dargestellt)
Obenstehende
Karte ist im
Anhang meiner Dissertation mit dem Titel „Äolische Prozesse und
Landschaftsformen im mittleren Baruther Urstromtal seit dem Hochglazial der
Weichselkaltzeit.“ Erschienen in Berlin, Humboldt-Universität, Fachbereich 21 -
Geographie, Dissertation A., 144 S. und Anhang 75 S. in 1992 farbig neu
ausgegeben (in verkleinerter Form hier unten dargestellt).